Die 183-Tage-Regelung im Steuerrecht

Die Anzahl der Aufenthaltstage oder Ausübungstage ist ausschlaggebend, wo du deine Steuern zahlen musst. Eventuell kannst du dadurch auch von niedrigeren Steuersätzen eines ausländischen Staates profitieren. Erfahre in diesem Blogartikel mehr über die sogenannte 183-Tage-Regelung und die steuerlichen Auswirkungen. 

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Warum heißt es 183-Tage-Regelung?

  2. Arbeitnehmer

  3. Länderspezifische Besonderheiten
    – Aufenthaltsdauer
    – Ausübungstage

  4. Berechnungszeitraum

  5. Nachweis

  6. FAQ zur 183-Tage-Regelung

 

1. Warum heißt es 183-Tage-Regelung?

Die 183-Tage-Regelung leitet sich aus der gesetzlichen Definition von „mehr als sechs Monaten Dauer“ ab.

 

Bei einem Jahr mit 365 Tagen sind 182,5 Tage die Hälfte. Somit liegt bei einem Aufenthalt von 183 Tagen ein Aufenthalt von mehr als 6 Monaten und damit auch ein gewöhnlicher Aufenthalt vor. Bei einem Schaltjahr mit 366 Tagen wäre das nicht der Fall, und es ist dann zu prüfen, ob 6 Monate überschritten sind. Das dürfte dann der Fall sein, wenn in die 6 Monate der Februar fällt.

 

2. Arbeitnehmer

Bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit liegt das Besteuerungsrecht grundsätzlich beim Tätigkeitsstaat (zum Beispiel Deutschland). Wenn du nun als deutscher Arbeitnehmer für deinen in Deutschland ansässigen Arbeitgeber zum Beispiel im Rahmen einer Mitarbeiterentsendung längere Zeit im Ausland tätig bist, kann deine Steuerpflicht ins Ausland verlagert werden. Dann ist die sogenannte 183-Tage-Regelung zu prüfen.Die 183-Tage-Regelung besagt, dass du als Arbeitnehmer (weiterhin) in Deutschland steuerpflichtig bist, wenn du für einen deutschen Arbeitgeber weniger als 183 Tage im Jahr im Ausland arbeitest und dein Gehalt vom deutschen Firmensitz erhält.Überschreitest du die 183 Tage im Jahr, kann die Situation anders aussehen und du wirst in dem anderen Staat steuerpflichtig. Eventuell kannst du dann sogar von den dort niedrigeren Steuersätzen profitieren. 

3. Länderspezifische Besonderheiten

Deutschland hat mit vielen Ländern sog. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen, um die Besteuerung von Einkünften in beiden Ländern zu vermeiden und um spezielle Regelungen und Definitionen zur Klarstellung zu treffen.So wird zum Beispiel auch die in den unterschiedlichen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) genannte 183-Tage-Frist geregelt. Diese bezieht sich häufig auf den Aufenthalt im Tätigkeitsstaat. Es gibt aber auch DBA, die auf die Dauer der Ausübung der nichtselbständigen Arbeit im Tätigkeitsstaat abstellen.

1. Aufenthaltsdauer

In einem DBA zwischen Deutschland und zum Beispiel Frankreich, Italien oder Österreich wird auf den Aufenthalt im Tätigkeitsstaat abgestellt. Hierbei kommt es nicht darauf an, wie lange deine berufliche Tätigkeit dauert, sondern es kommt auf deine körperliche Anwesenheit im Ausland an.Beachte: Für die Ermittlung ist die Anzahl der Aufenthaltstage ausschlaggebend. In die Berechnung fließen also neben den reinen Werktagen auch mit ein:

  • Ankunfts- und Abreisetag

  • sämtliche Wochenenden

  • alle Feiertage

  • alle Krankheitstage

  • sämtliche Urlaubstage (alle vor, während und nach Abschluss der Tätigkeit im jeweiligen Land verbrachten Tage)

 Beispiel: Berücksichtigung eines "Anschlussurlaubs"Du wirst als deutscher Arbeitnehmer für deinen inländischen Arbeitgeber in der Zeit vom 1.1. bis 15.6. in Österreich tätig. Nach Abschluss deiner Tätigkeit überlegst du dir deinen 3-wöchigen Jahresurlaub vor Ort anzuschließen.Ergebnis: Die 183-Tage-Frist ist überschritten! Das Besteuerungsrecht steht dem Tätigkeitsstaat, also Österreich, zu. Beispiel: Berechnung der AufenthaltstageDu bist für deinen deutschen Arbeitgeber mehrere Monate jeweils von Montag bis Freitag in den Niederlanden tätig. Deine Wochenenden verbringst du bei deiner Familie in Deutschland. Du fährst in dieser Zeit jeden Samstagmorgen von den Niederlanden nach Deutschland und jeden Sonntagabend zurück in die Niederlande.Ergebnis:  Die Samstage und Sonntage gelten hier als volle Anwesenheitstage in den Niederlanden. Die An- als auch Abreisetage zählen für die Berechnung der 183-Tage-Regelung, weil du dich an diesen Tagen zumindest zeitweise dort aufgehalten hast. 

2. Ausübungstage

Es gibt auch andere DBA, die auf die Ausübungstage im Tätigkeitsstaat abstellen. Das ist zum Beispiel in einem DBA zwischen Deutschland und Dänemark der Fall.  Hier wird jeder Tag berücksichtigt, an dem du dich als Arbeitnehmer tatsächlich zur Arbeitsausübung im Ausland aufgehalten hast. Und zwar auch dann, wenn es nur für kurze Zeit war. Alle arbeitsfreien Tage sind nicht zu berücksichtigen. 

4. Berechnungszeitraum für die 183-Tage-Regelung

Die 183-Tage-Frist bezieht sich auf das im jeweiligen ausländischen Staat maßgebende Steuerjahr. In der Regel handelt es sich dabei um das klassische Kalenderjahr.Zu Abweichungen kann es aber auch wie folgt kommen:- Bei einem abweichenden Steuerjahr (zum Beispiel: Indien vom 1.4. bis 31.3. oder Südafrika vom 1.3. bis 28./29.2.)- Bei einen Zeitraum von zwölf Monaten (zum Beispiel: Australien, Kanada, Luxemburg, Norwegen, Spanien).Das Bundesfinanzministerium hat im BMF-Schreiben vom 03.05.2018 eine Aufzählung der Staaten veröffentlicht:

  • Anwendung der 183-Tage-Frist auf einen 12-Monats-Zeitraum unter Abschnitt 4.2.4

  • Anwendung der 183-Tage-Frist auf das Steuerjahr/Kalenderjahr unter Abschnitt 4.2.5

 Die Berechnung der 183-Tage-Frist nach den Aufenthaltstagen innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten ab Beginn der Auslandstätigkeit kann dazu führen, dass gleichzeitig mehrere Zeiträume in Gang gesetzt werden, auch wenn sich diese teilweise überschneiden.Wird in einem der in Betracht kommenden 12-Monatszeiträume die Aufenthaltsdauer von 183 Tagen überschritten, steht dem ausländischen Staat das Besteuerungsrecht zu.

 

5. Nachweis der 183-Tage-Regelung

Wenn du als Arbeitnehmer die 183-Tage-Regelung für die nutzen möchtest, solltest du alle relevanten Unterlagen aufbewahren. Das können sein: Hotelrechnungen, Fahrt- oder Flugtickets, Tankquittungen oder ähnliches. Als Steuerpflichtiger unterliegst du der Bringschuld und du musst nachweisen, dass du der 183-Tage-Regelung unterliegst oder auch nicht.Das Finanzamt wird die Unterlagen und auch alle Voraussetzungen prüfen: Sitz des Arbeitgebers, Ausgangspunkt der Lohnzahlungen in Deutschland oder Ausland, Tätigkeit und Wohnort innerhalb des Berechnungszeitraumes von 12 Monaten und damit mehr als 183 Tage in Deutschland oder im Ausland.


FAQ zur 183-Tage-Regelung

1. Zählen Wochenenden, Feiertage und Urlaubstage zu den 183 Tagen?

Ja. In vielen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zählen alle Tage des Aufenthalts im Tätigkeitsstaat – auch wenn keine Arbeit ausgeübt wird. Dazu gehören insbesondere Wochenenden, Feiertage, Krankheitstage, Urlaubszeiten sowie An- und Abreisetage. Entscheidend ist die körperliche Anwesenheit, nicht die tatsächliche Arbeitsleistung.


2. Wann wird auf Aufenthaltstage, wann auf Ausübungstage abgestellt?

Das ist vom jeweiligen DBA abhängig.
Aufenthaltstage: z. B. in den DBA mit Frankreich, Österreich oder Italien.
Ausübungstage: z. B. in den DBA mit Dänemark, Norwegen oder Kanada.

Daher ist eine Prüfung des jeweiligen Abkommens zwingend erforderlich, um die korrekte Berechnungsweise festzustellen.


3. Was bedeutet „Arbeitgeber im Sinne des DBA“?

Der Begriff „Arbeitgeber“ wird im Steuerrecht abkommensautonom ausgelegt.
Das bedeutet: Es zählt nicht nur der formale Arbeitsvertrag, sondern auch, wer wirtschaftlich die Verantwortung für die Tätigkeit trägt.
Insbesondere bei konzerninternen Entsendungen ist zu prüfen, ob der aufnehmende Betrieb im Ausland nicht als wirtschaftlicher Arbeitgeber gilt.


4. Welche Nachweise verlangt das Finanzamt im Zweifel?

Das Finanzamt kann verschiedene Belege zur Aufenthaltsdauer und Tätigkeit anfordern, darunter:
– Flug- oder Zugtickets, Hotelrechnungen, Einreise- und Aufenthaltsprotokolle
– Arbeitsverträge, Entsendungsvereinbarungen, Lohnabrechnungen
– ggf. auch Bestätigungen des ausländischen Einsatzorts oder Arbeitgebers


5. Kann die Steuerpflicht rückwirkend in das Ausland verlagert werden?

Ja. Wenn im Nachhinein festgestellt wird, dass die 183-Tage-Grenze überschritten wurde, kann der Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht geltend machen.
In Deutschland würde dann i. d. R. eine Freistellung unter Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) erfolgen. Es empfiehlt sich daher, die 183-Tage-Regelung laufend zu überwachen und vorausschauend zu dokumentieren.


6. Kann ich theoretisch in zwei Ländern gleichzeitig mehr als 183 Tage „anwesend“ sein?

Ja – zumindest aus steuerlicher Sicht kann dieser Fall auftreten. Das liegt daran, dass viele Staaten ihre eigenen Regeln zur Zählweise von Aufenthaltstagen anwenden und diese nicht miteinander abgestimmt sind.

📌 Beispiel:

Ein Selbstständiger lebt in der Grenzregion zwischen Deutschland und den Niederlanden. Er hat zwei Wohnsitze und pendelt täglich zwischen beiden Ländern – zum Beispiel, indem er abwechselnd jede Nacht in einer anderen Wohnung verbringt.

  • Deutschland zählt jeden Tag mit Aufenthalt auf deutschem Boden als Aufenthaltstag in Deutschland.

  • Die Niederlande tun das Gleiche für Aufenthalte auf niederländischem Gebiet.

➡️ Aus deutscher Sicht kommt er auf 183 oder mehr Aufenthaltstage in Deutschland,
➡️ aus niederländischer Sicht aber genauso viele oder sogar mehr.


Rechnerisch ist das nicht möglich – aber steuerlich doch relevant, da beide Länder ihre eigenen 183-Tage-Zählungen anwenden, ohne gegenseitige Kürzung!


⚖️ Was heißt das konkret?

  • Es kann dazu kommen, dass beide Länder ein Besteuerungsrecht beanspruchen, weil die jeweilige nationale Definition erfüllt ist.

  • Wer in solchen Fällen keinen klaren Mittelpunkt der Lebensinteressen nachweisen kann, riskiert eine Doppelbesteuerung.

  • Nur durch Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) kann geregelt werden, welchem Staat das Besteuerungsrecht zusteht – z. B. über die “Tie-Breaker-Regel” (Mittelpunkt der Lebensinteressen, gewöhnlicher Aufenthalt etc.).


📚 Hinweis: Solche Fälle sind komplex. Wer grenzüberschreitend lebt oder arbeitet, sollte frühzeitig prüfen lassen, ob und wie eine sachgerechte Zuordnung erfolgen kannund dies auch dokumentieren.

🔍 Praxistipp: Wer grenzüberschreitend lebt oder arbeitet, sollte eine tagesgenaue Anwesenheitsdokumentation führen und die DBA-Vorgaben länderindividuell prüfen. Eine vollständige Übersicht liefert z. B. das BMF-Schreiben vom 03.05.2018 zur Anwendung der 183-Tage-Regelung.

( Hinweis: 📄 BMF-Schreiben vom 3. Mai 2018 (BStBl I 2018, 643): Titel: „Steuerliche Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen“ — mit Abschnitten zu Thema „Anwendung der 183‑Tage‑Regelung auf einen 12‑Monats‑Zeitraum (4.2.4)“ und „nachträgliche Änderung der Zuweisung des Besteuerungsrechts (4.2.7)“)

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